Samstag, 24. Januar 2009
 
Politquarantäne tut not PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Montag, 29. September 2008

Nicht die 29 Prozent Rechtswähler, sind das Problem, sondern die "Altparteien", die FPÖ und BZÖ salonfähig machen.

Österreich ist kein Land der Rechtsextremisten. Wählerstromanalysen zeigen, dass Proteststimmen genauso von den Kommunisten zur FPÖ wandern können, wie umgekehrt. Und den meisten Zulauf erhielt Heinz Christian Strache in den proletarischen Bezirken Wiens, wo die klassische Klientel der SPÖ zu Hause ist.

Die 29 Prozent, die Sonntag ihr Kreuzchen bei FPÖ (18) oder BZÖ (11) machten, würden mehrheitlich sicher keine Inder durch die Strassen jagen oder beim Sonnwendfeuer den Arm zum Hitlergruß heben. Aber Leute, die so etwas gut finden, bilden immer noch den harten Kern der Rechtsparteien. Und anders als in Deutschland oder anderen europäischen Staaten, werden diese nicht in politischer Quarantäne gehalten. Sie gelten sogar als brauchbare Koalitionspartner. Zumindest bei der ÖVP und einem kleinen Flügel der SPÖ.

Schon Bruno Kreisky, SPÖ, konnte seine lange Periode sozialdemokratischer Reformarbeit nur dadurch einleiten, dass er 1970 eine Minderheitsregierung von der FPÖ tolerieren ließ. Die wurde damals vom ehemaligen SS-Mann Friedrich Peter geleitet. Kreiskys Nachfolger Fred Sinowatz musste die Blauen dann 1983 in die Regierung holen. Allerdings hatten sie damals fünf Prozent und versuchten sich – weg von der Nazi-Vergangenheit - an der deutschen FDP zu orientieren.

Als Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 mit einer erstarkten und rechts gewendeten FPÖ unter Jörg Haider paktierte, um hinter dem Rücken der stärkeren SPÖ Bundeskanzler zu werden, konnte er sich also auf einen Präzedenzfall berufen. Während er aus dem teilweise dramatisch unfähigen FPÖ-Regierungsteam eine handzahme Truppe machte, radikalisierte sich der Mittelbau der Partei. Das Ergebnis heißt Heinz Christian Strache, der nur für die TV-Auftritte Kreide frisst, vor seinen Sympathisanten aber den gesamten Kanon an dumpfen Parolen rausläßt: Eine Mischung aus national und sozialistisch, die auf die Globalisierungsverlierer zugeschnitten ist. Besonders bei den Jungwählern aus den Gemeindebauten, den Berufsschulen und Lehrlingswerkstätten, die sich von Zuwanderern real oder imaginiert bedroht sehen, kommen diese Sprüche an. Wenn die „Altparteien“ dagegen kein Rezept finden, werden sie die Rechten immer stärker machen.

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